Der Blaue Engel setzt seit 1978 Maßstäbe für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Schon lange gibt es den Blauen Engel auch für schadstoffarme Lacke. Auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse konnte die Vergabegrundlage für dieses Umweltzeichen überarbeitet werden, um die Anforderungen an bedenkliche Zusatzstoffe und geringen Lösemittelgehalt zu verbessern.
Das Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) der Fraunhofer Gesellschaft in Braunschweig führte das Forschungsvorhaben „Grundlagenarbeiten zur Überarbeitung des Umweltzeichens für Lacke – Überarbeitung der Kriterien schadstoffarme Lacke” im Rahmen des Globalansatzes „Machbarkeitsstudie für neue Umweltzeichen” im Auftrag des UBA durch.
Kundenzufriedenheit
Das Vorhaben gliederte sich in zwei Teile. Im ersten Teil führte das WKI eine Fragebogenaktion zu wichtigen Themenkomplexen, wie Marktbedeutung, Einsatzgebiete und Zufriedenheit durch. Es befragte Unternehmen, deren Lacke den Blauen Engel tragen (Zeichennehmer) zur jeweiligen Relevanz der Lacke mit Blauem Engel. Denn die Zufriedenheit der Zeichennehmer mit dem Blauen Engel ist ein wesentliches Kriterium für die Zukunft des Umweltzeichens.
Gesundheitliche Bewertung von Lacken
Im zweiten Teil des Vorhabens untersuchte das WKI zunächst 100 verschiedene Blauer-Engel-Lacke mit Hilfe einer Mikrokammeruntersuchung als Schnelltest auf Emissionen. Anschließend wurden 30 verschiedene Lacke ausgewählt und insgesamt über einen Zeitraum von 28 Tagen in einer Emissionsprüfkammer nach dem Bewertungsschema des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) auf VOC/SVOC-Emissionen untersucht und bewertet. Die Ergebnisse der Prüfkammeruntersuchungen zeigen, dass eine Vielzahl der schadstoffoptimierten Rezepturen auch als emissionsarm eingestuft werden können und die Emissionen teilweise deutlich unter den Anforderungen des AgBB-Bewertungsschemas liegen. Einzelne Produkte wiesen aber auch deutlich zu hohe Emissionen auf. Aus diesen Erkenntnissen leitete ein Expertenkreis aus Vertreterinnen und Vertretern der Lackindustrie, von Prüfinstituten und des Verbraucherschutzes gemeinsam mit RAL und UBA Kriterien für eine neue Vergabegrundlage ab, die das Vorgehen des AgBB-Schemas in die Rezepturprüfung integrieren. Die Anforderungen der Vergabegrundlage enthalten nun differenzierte Maximalwerte für VOC, SVOC und bisher nicht bewertete Stoffe, mit denen die Emissionen der Lacke deutlich strenger limitiert werden, als nach dem AgBB-Bewertungsschema zulässig wäre. Eine Kontrolle der Wirksamkeit dieses Verfahrens wird durch eine periodisch erfolgende, stichpunktartige Emissionsmessung an ausgewählten Lacken erfolgen.
Untersuchungen zur Gebrauchstauglichkeit von lösemittelarmen Lacken
Die Decopaint-Richtlinie, als erste Regelung zur Begrenzung des Lösemittelgehaltes in Produkten, wurde im Dezember 2004 durch die Lösemittelhaltige Farben- und Lack-Verordnung (ChemVOCFarbV)* in nationales Recht umgesetzt. Sie stellt Anforderungen an die Reduktion des Lösemittelgehaltes unter anderem in Bautenanstrichstoffen in zwei Stufen (2007 und 2010).
Entwicklung neuer schadstoffarmer Lacke
Das Forschungsvorhaben „Vergleichende Untersuchungen der Gebrauchstauglichkeit von schadstoffarmen und lösemittelbasierten Bautenlacken unter Berücksichtigung von Neuentwicklungen lösemittelbasierter Lacke” hatte das Ziel, neu entwickelte Lacke mit guter Qualität und reduziertem Lösemittelgehalt besonders für die Anwendung durch Maler zu identifizieren, um deren Einsatz fördern zu können. Die neuen Lacke sollten mit konventionellen Produkten verglichen werden, die die Anforderungen der Decopaint-Richtlinie nicht einhalten. Das Projekt wurde vom Institut für Lacke und Farben e. V. (ILF) in Magdeburg durchgeführt. Es wurde von einem Beirat begleitet, der sich aus Vertretern aller relevanten Akteure und Akteurinnen zusammensetzte und in dem unter anderem Empfehlungen für das Vorgehen erarbeitet wurden. Teilnehmer dieses Beirates waren neben den Lackherstellern die Arbeitsgemeinschaft der Bau-Berufsgenossenschaften, der Hauptverband des deutschen Maler- und Lackiererhandwerkes, die Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden und der Verband der deutschen Lackindustrie.
Das ILF untersuchte insgesamt 63 Lacke und Lasuren. Dabei wurden wasserverdünnbare Lacke, neu entwickelte lösemittelreduzierte Lacke sowie konventionelle Lacke unter Berücksichtigung ihrer verschiedenen Anwendungsbereiche vergleichend untersucht. In Zusammenarbeit mit dem Beirat erarbeitete das ILF ein einheitliches Prüfverfahren zur Untersuchung des technischen Leistungsspektrums und zur Identifizierung der Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme. Des Weiteren wurden Untersuchungen zum Gehalt und den Emissionen an flüchtigen organischen Kohlenwasserstoffen (VOC) durchgeführt.
Weniger Lösemittel in Lacken
Die Ergebnisse zeigen, dass wasserverdünnbare Lacke mit Lösemittelgehalten von 3 bis 112 g/l (ca. 0,2 bis 9 Masse - %) die Anforderungen der Stufe II der Decopaint-Richtlinie erfüllen. Diese Produkte halten auch die Anforderungen des Blauen Engels ein. Von den 28 untersuchten lösemittelbasierten Lacken halten 15 Produkte die Stufe I und 7 Produkte die Stufe II ein. Alle High-Solid Systeme bestehen bereits heute die Anforderungen der Stufe II.
"VOC-Gehalte der lösemittelverdünnbaren Lacke": Es wurden elf Holzlacke, ein Heizkörperlack und fünf Metalllacke untersucht. Die Stufe I der Decopaint-Richtlinie (VOC-Gehalt von 400 g/l) wird von vier der elf untersuchten Holzlacke und vom Heizkörperlack nicht eingehalten. Die Stufe II der Decopaint-Richtlinie (VOC-Gehalt von 300 g/l) wird bereits von den untersuchten High-Solid Systemen – drei Holzlacke und ein Metalllack – eingehalten.
"VOC-Gehalte der lösemittelverdünnbaren Lasuren": Von den untersuchten Lasuren sind sechs maßhaltig und fünf begrenzt maßhaltig. Nur zwei maßhaltige Lasuren und eine begrenzt maßhaltige Lasur halten die Stufe I der Decopaint-Richtlinie (VOC-Gehalt von 500 g/l) ein. Diese Lasuren halten zudem bereits heute die Stufe II (VOC-Gehalt von 400 g/l) ein.
"VOC-Gehalte der wasserbasierten Lacke": Es wurden neun Holzlacke, ein Heizkörperlack und ein Metalllack untersucht. Alle untersuchten Systeme halten sowohl die Stufe I (VOC-Gehalt von 150 g/l) als auch die Stufe II (VOC-Gehalt von 130 g/l) der Decopaint-Richtlinie ohne weiteres ein.
"VOC-Gehalte der wasserbasierten Lasuren": Die fünf untersuchten maßhaltigen Lasuren halten die Stufe I und II der Decopaint-Richtlinie (VOC-Gehalt von 150 und 130 g/l) ein. Die Lasur mit dem höchsten VOC-Gehalt enthält 72 g/l.
Die untersuchten Lacke und Lasuren wurden 2002 für das Projekt ausgesucht. Bereits zu diesem Zeitpunkt konnten demnach viele Produkte die Anforderungen der Decopaint-Richtlinie für 2007 erfüllen.
Breites Spektrum an neuen Lacken
Die Lacke (wasserverdünnbar oder lösemittelbasiert), die die Stufe I der Decopaint-Richtlinie erfüllen, decken ein breites Spektrum unterschiedlicher Systeme ab und sind in der Gebrauchstauglichkeit mit konventionellen Systemen – circa 30/40 Prozent bis 80 Prozent Lösemittelgehalt – vergleichbar oder überlegen. Die Stufe II der Decopaint-Richtlinie erfüllen – von den im Jahr 2002 am Markt verfügbaren Lacken – im Wesentlichen wasserverdünnbare Lacke und High Solids. Auch diese zeichnen sich durch eine im Vergleich zu den konventionellen Produkten gute Qualität aus.
Im Vorhaben wurden weiterhin orientierende Messungen zum Emissionsverhalten von Lackanstrichen durchgeführt. Es wurden acht Lacke auf einen inerten Untergrund (Stahlblech) aufgebracht und das Emissionsverhalten mit Hilfe einer Emissionsmesszelle (FLEC) ermittelt. Die unterschiedlichen Lacksysteme zeigen Unterschiede im Emissionsverhalten. Bei den wasserbasierten Lacken emittieren hauptsächlich Rezepturbestandteile welche nach der Trocknung rasch abklingen. Aus den lösemittelhaltigen Lacken emittieren neben den Lösemitteln vor allem höhere Aldehyde. Dies sind Spaltprodukte der oxidativen Trocknung der Alkydharze.
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